Kernphysikerin voll Leidenschaft

1878 in Wien geboren, zeigte sich Lise Meitner bereits als Kind an Physik interessiert. Dank Lises Hartnäckigkeit und des Weltbildes ihrer Eltern konnte sie 1901 Physik, Mathematik und Philosophie an der Universität Wien studieren und 1906 in Physik promovieren. Danach wechselte sie nach Berlin. Hier fand sie mit dem Chemiker Otto Hahn einen kongenialen Partner im gerade aufstrebenden Forschungsgebiet der Radioaktivität. Das Team feierte wissenschaftliche Erfolge, 1919 erhielt Meitner als eine der ersten Frauen den Titel „Professor“. Den Kriegspatriotismus des 1. Weltkrieges teilte Meitner mit vielen ihrer KollegInnen. Anders im 2. Weltkrieg. Mit dem Aufstieg der Nazis wurde es schwer für die Jüdin. Sie floh in letzter Minute nach Schweden. Abgeschnitten von aktiver Forschungsmöglichkeit blieb sie mit Otto Hahn per Briefverkehr in enger Verbindung und deutete seine praktischen Entdeckungen erstmals als Kernspaltung. Den Nobelpreis für die Kernspaltung erhielt Hahn 1945 jedoch allein zugesprochen. Lise Meitners Ansehen in der Fachwelt war dennoch außerordentlich hoch, sie wurde 48 Mal (!) für den Nobelpreis in Physik und Chemie nominiert. Mit ihrem Beitrag zur Entdeckung der Kernspaltung war sie Wegbereiterin der Atombombe wider Willen, was ihre Liebe zur Atomenergie in späteren Jahren trübte. Die AutorInnen David Rennert und Tanja Traxler zeigen mit der Biografie Lise Meitners nicht nur das Leben der leidenschaftlichen Forscherin, sie geben auch Einblick in die hochkompetitive Welt der Wissenschaft.
Rosemarie Zehetgruber
David Rennert und Tanja Traxler: Lise Meitner. Pionierin des Atomzeitalters. 220 Seiten, Residenz Verlag, Salzburg/Wien 2018 EUR 24,00