Klare Worte zur Un-/Vereinbarkeit
Anette C. Cremer macht von der ersten Seite an klar, dass sie weiß, wovon sie spricht: Sie studierte und promovierte mit schließlich drei Kindern, und ist heute als Historikerin Akademische Rätin an der Uni Gießen. Die häufig eingemahnte Effizienz studierender oder forschender Eltern schlägt sich auch im Text nieder, in dem sie sich äußerst präzise ausdrückt – keine Zeit für Schönfärbereien. Die Klarheit ihrer Aussagen birgt nicht selten desillusionierende Wirkung, aber Vereinbarkeit ist für die Autorin nicht eine Überzeugungsfrage, sondern hängt von persönlicher Motivation, Organisiertheit und Selbstdisziplin ab – und ist oft genug trotzdem nicht umsetzbar. Strukturelle Bedingungen werden ebenso in ihrem Erschwernispotenzial eindeutig benannt, Aussagen sind (statistisch) belegt, auch weiß Cremer um die Macht des Rückfalls in traditionelle Geschlechterrollen, sobald ein Kind da ist. Dieser nüchterne, nach verschiedenen Lebensmodellen differenzierte Blick auf Stipendien, Öffnungszeiten, Abgabetermine, Mobilitätszwang, Jobchancen, die Alltäglichkeit der Notfälle, Schlaflosigkeit und schlechtes Gewissen in alle Richtungen ist schließlich erfrischend, als sie sehr konkrete Tipps gibt, wie es zu schaffen ist. So ist z. B. Samstag ein Arbeitstag, vier Stunden tägliche Arbeit müssen sein, mehr als eineinhalb Stunden mit Säugling nicht möglich, Selbstbewusstsein über das eigene Biografiemodell essenziell – nicht täglich neue Lösungen suchen heißt übersetzt: Nicht jede Erfahrung muss selbst gemacht werden, Cremers Ratschlägen ist zu vertrauen!
Meike Lauggas
Anette C. Cremer: Studieren und Forschen mit Kind. 192 Seiten, UTB, Wien – Köln – Weimar 2018 EUR 19,60