Kulinarisches Aufbegehren

Die junge, aufstrebende Journalistin Rika arbeitet an einer Interviewserie mit der inhaftierten Serienmörderin Manako Kajii, der vorgeworfen wird, zahlreiche Männer kulinarisch verführt und anschließend in den Tod getrieben zu haben. Der Austausch der beiden Frauen ist zuerst sehr bereichernd für Rika und sie entdeckt vollkommen neue Geschmackswelten und Ansichten über die Gesellschaft. Kajiis Aussehen sorgt medial beinahe für größeres Aufsehen als ihre Taten – Manako Kajiis Körper entspricht nicht dem in (nicht nur) Japan vorherrschenden strengen Schönheitsidealen und wird somit zu einem fast radikalen politischen Statement. Die unsichtbare Care-Arbeit, die größtenteils von Frauen bzw. weiblich gelesenen Personen vollbracht wird und die Unfähigkeit der Männer, sich um sich selbst zu kümmern bzw. die Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, werden ebenso thematisiert wie das vorherrschende Patriarchat, das allen Geschlechtern schadet und diese einzwängt. Die Schriftstellerin Asako Yuzuki erzählt bildhaft und detailreich und erweckt die Figuren und die Umgebung damit förmlich zum Leben. Ihre Liebe zum Detail findet sich auch in den Schilderungen des Essens bzw. der Rezepte wieder. Ein sinnlicher und lustvoller Roman mit einer Kampfansage an gesellschaftliche Normen und Wertvorstellungen.
Andrea Knabl
Asako Yuzuki. Butter. Aus dem Jap. von Ursula Gräfe. 442 Seiten, Blumenbar, Berlin 2022 EUR 23,70