Leben in der Hölle oder Solidarität ist wesentlich!

Die Kunsthistorikerin und Ethnologin Agnés Humbert (geb. 1894) war Kämpferin in der Résistance, indem sie als Mitarbeiterin des Musée de l’Homme in einem Kreis von Intellektuellen eine Widerstandszeitung mitproduzierte und Kurierdienste leistete. Die Gruppe wurde jedoch bereits im Frühjahr 1941 inhaftiert und einige Männer wurden zum Tode verurteilt, während die weiblichen Mitglieder der Gruppe als Strafgefangene nach Deutschland deportiert wurden, um als Zwangsarbeiterinnen in der Industrie zu arbeiten. Ihre Erinnerungen lassen sich in drei Abschnitte unterteilen; zunächst ihre Tagebuchaufzeichnungen über ihre im Widerstand gepflegten Kontakte, dann ihre schmerzhaften, menschenunwürdigen Erfahrungen in der Gefangenschaft und schließlich ihre ersten Eindrücke nach der Befreiung Deutschlands vom Hitlerfaschismus durch die Amerikaner, nachdem sie zuletzt in Hessen inhaftiert war. Eindrucksvoll ist insbesondere ihre Beobachtungsgabe während der Gefangenschaft, wie sie die unglaublich miesen Arbeitsbedingungen in einem Seidenproduktionsunternehmen beschreibt. Die durch die Säurebelastung in der Arbeit entstehenden gesundheitlichen Probleme wie auch die Praxis der oftmals sadistischen Wärter:innen werden detailliert geschildert, aber auch Humberts Solidarität mit den Mitinhaftierten und umgekehrt. Besonders das Verhältnis zu letzteren war wesentlich, um resilient zu bleiben oder besser gesagt, um überleben zu können. Eindrucksvoll!
ML
Agnés Humbert: Résistance.Erinnerungen an den Widerstand 1940-1945. 333 Seiten, bahoe books, Wien 2024 EUR 24,00