Little Girl Blue

Hedy Lamarr galt in den 1940er Jahren als „schönste Frau der Welt“. Als Hedwig Eva Maria Kiesler 1914 in Wien geboren, produzierte sie als Eva in Gustav Machatýs Ekstase (1933) einen veritablen Skandal. Nicht die Nacktszenen waren der Tabubruch, vielmehr bleibt der von Hedy Kiesler gespielte Orgasmus, das Gesicht im Close-Up, bis heute außergewöhnlich. Nach einer kurzen Ehe mit dem Waffenfabrikanten Fritz Mandl, der seiner Frau sämtliche schauspielerischen Aktivitäten verbieten wollte, und wegen ihrer jüdischen Herkunft verließ sie 1937 Europa Richtung Hollywood. Neben ihrer intensiven, aber kurzen Hollywoodkarriere engagierte sie sich gegen den Nationalsozialismus. Während ihrer Ehe mit Fritz Mandl hatte sie die Gelegenheit genutzt, Diskussionen über die Neuerungen in der Waffenindustrie mitzuverfolgen. Gemeinsam mit dem Musiker George Antheil entwickelte sie in den USA ein Frequenzsprungverfahren, jene Technik, die er bei „Ballet Mécanique“ nutzte, um selbstspielende Klavierautomaten zu synchronisieren. Seitdem wird ihr Name mit der Erfindung von kabelloser Telefonie, Internet, Bluetooth und GPS in Verbindung gebracht. Zeit ihres Lebens war sie überzeugt, eine Wunderwaffe erfunden zu haben. Michaela Lindinger ist es gelungen, diesem Mythos nachzugehen und konsequent Legende von Wahrheit zu trennen. Bei allem Glamour kommt aber die Tragik in Hedy Lamarrs Leben immer wieder zum Vorschein: „Hedy Kiesler war einst ausgezogen, um das amerikanische Versprechen Liebe, Leben und Freude für sich wahr zu machen. Geblieben waren ihr Tablettensucht, Einsamkeit und die Leere des ausbleibenden Glücks. Ein amerikanischer Albtraum.“
Elisabeth Streit
Michaela Lindinger: Hedy Lamarr – Filmgöttin, Antifaschistin, Erfinderin. 256 Seiten, Molden, Wien 2019 EUR 28,00