Misogynie & Widerständiges im Rock

Mit der Übersetzung (und Erweiterung) des 1995 auf Englisch erschienenen Buches „Sex Revolts“ liegt nun ein Klassiker der feministischen Auseinandersetzungen mit Rockmusik in deutscher Sprache vor. Beginnend mit den Rolling Stones nehmen sich Press und Reynolds insbesondere Songtexte und Images von zahlreichen Rockmusiker*innen bis in die 1990er Jahre vor und deuten diese vor einem breiten kulturhistorischen Hintergrund (der immer wieder durch Bezüge zu Literatur, Film und Kunst hergestellt wird). Darüber hinaus ist feministische Literatur, insbesondere psychoanalytisch orientierte, ein wichtiger Angelpunkt der verschiedenen Lesarten. Klaus Theweleit kommt mit seinen „Männerphantasien“ ebenso zur Sprache wie Julia Kristeva oder Luce Irigaray. Der Band gliedert sich in drei Teile: Im ersten wird argumentiert, dass der breite Anspruch auf Rebellion und Freiheit der männlichen Rockmusik mit einer beständigen Abwertung des Weiblichen einherging. Im zweiten Teil geht das Buch den insbesondere im Psychedelic ausgeprägten Wunschvorstellungen nach einer idealisierten Weiblichkeit und einem zunehmenden Infantilismus nach. Schließlich steht im dritten Teil die weibliche Geschichte des Rock im Zentrum, für die Press und Reynolds herausarbeiten, wie schwierig es für Musikerinnen war, eine eigene Sprache abseits männlicher Rockstereotype (etwa in der Riot Grrrl-Bewegung) zu finden. Auch im Jahr 2020 hat das Buch nichts an Aktualität verloren.

Kordula Knaus

Joy Press, Simon Reynolds: Sex Revolts. Gender, Rock und Rebellion. Aus dem amerik. Engl. von Jan-Niklas Jäger, 496 Seiten, Ventil Verlag UG, Mainz 2020 EUR 30,90