Natalia LL – Kunst ist Banane
Die Banane wird das hier nicht überleben. In einem Tableau von sechs Selbstporträts schleckt und nagt Natalia LL mit vielversprechendem Blick an ihr herum. „Consumer Art“ heißt die in den 1970er-Jahren entstandene Serie, die als ikonisch in der Geschichte der konzeptuellen feministischen Fotografie gilt. Duckface, Zunge, feuchte Essensreste, die übers Kinn rinnen – aus heutiger Sicht, immerhin sind fünfzig Jahre vergangen, scheint die polnische Künstlerin schlicht zu überhöhen und zu persiflieren, welche Rolle Frauen in Konsumismus und Werbeindustrie zugeschrieben wird. Aber die Tableaus, die Bananen, Grissini, später Orangen und Gelee abwechseln, sind, in der Zeit ihrer Entstehung gelesen, streng formale Arbeiten über den Akt des Essens, die Sexualisierung einer Geste und die Entstehung von Symbolebenen. Dass feministische, Camp-, und LGBTIQ-Szenen Natalia LL zu der ihren machen, habe die Künstlerin „erfreut“, sagt Anna Markowska in ihrem Essay über die Künstlerin, „Amour Fou unter unfreundlichen Dekorationen“, der dem vorliegenden Katalog nachgestellt ist: aber „sie selbst umschreibt ihre Kunst anders“. Von April bis September zeigte die Oberösterreichische Landesgalerie eine Retrospektive der 1937 geborenen Künstlerin. Wer die versäumt hat, hat mit dem schön gestalteten Katalog Zugriff auf ihr vielschichtiges, nicht nur humorgetragenes, aber sehr unterhaltsames Werk.
Lisa Bolyos
Natalia LL: The Mysterius World. Hg. von Nathalie Hoyos, Rainald Schuhmacher, Alfred Wediniger. 128 Seiten, Verlag für Moderne Kunst, 2021 EUR 22,90