… nichts, was uns zwingen kann
Olga Benario, vielen als antifaschistische Heldin durch ihre Biografie und Briefe aus dem Gefängnis bekannt, tritt hier als Verfasserin eines Berichts auf, der sie als höchst aktive junge Genossin zeigt. Geschrieben wurde der Text für sowjetische Genoss:innen, um die Arbeit des Berliner kommunistischen Jugendverbands darzustellen. Ein Zeitzeugnis, umso mehr, als über die konkrete Praxis des BKJV nicht allzu viele Informationen vorliegen. Es ist ein schmaler Band mit kurzen Kapiteln zur organisierten politischen Arbeit der 1920er Jahre. Es geht ums Plakatieren, um Propagandaarbeit, um das Gewinnen neuer Genoss:innen. Olga Benario hat diesen Text 21-jährig nach ihrer Flucht aus Deutschland bereits in Moskau verfasst, wo er 1929 auf Russisch erschienen ist. Für mich beneidenswert ist Olga Benarios optimistischer Blick in die Zukunft – eine sozialistische Zukunft. Wie hell schaute die aus, wie nah, trotz der schon drohenden faschistischen Gefahr. Welch ungeheure Zerstörungskraft der Faschismus haben würde, welch unermessliche Rückschläge für gesellschaftliche und kulturelle Errungenschaften bevorstanden, war noch nicht absehbar, noch nicht vorstellbar. Das kurze Vorwort hat Anita Leocádia Prestes, Olgas Tochter, verfasst. Einige Fotografien im Band vermitteln die Aufbruchstimmung. Ein Glossar am Ende klärt wesentliche Begriffe.
Wanda Grünwald
Olga Benario: Berliner Kommunistische Jugend. Aus dem Russ. von Kristine Listau. 128 Seiten, Verbrecher Verlag, Berlin 2023 EUR 18,50