Oase im Nahen Osten


„Queer in Israel“ kann als eindrucksvoller Bildband durchgeblättert werden, denn die Textpassagen sind durch Foto­strecken geteilt. Die Abbildungen stammen von Ilan Nachum, der die Gay Pride in Tel Aviv und den Jerusalem March for Pride und Tolerance 2017 festhielt. In den Aufsätzen wird LGBT- bzw. LGBTTQIA-Leben von vielen Blickpunkten betrachtet. Historisch gesehen wirkten nach der Gründung des Staates noch die Sodomiegesetze der britischen Mandatszeit nach, diese wurden aber nie sanktioniert. 1953 entschied das Oberste Gericht, dieses Gesetz nicht auf homosexuelle Handlungen zwischen mündigen Erwachsenen anzuwenden, und Homosexualität wurde 1988 formal und offiziell entkriminalisiert. Mit der Akzeptanz nimmt Israel eine Inselposition im Nahen Osten ein, während arabische Staaten homosexuelle Handlungen bis heute kriminalisieren. In Israel sind heutzutage auch alternative Eltern- und Familienkonzepte möglich, LGBTIQ sind beim Militär. Auf der anderen Seite gibt es auch Gegenden mit vor allem Ultra-Konservativen, wo ein Outing durchaus problematisch ist. Zwei Mal wurden in Jerusalem Paradenteilnehmer*innen von einem orthodoxen Juden attackiert, wobei 2015 eine 16-Jährige tödlich verletzt wurde. Das „Jerusalem Open House for Pride and Tolerance“ versucht diese religiösen, politischen oder auch ethni­schen Grenzen zu überwinden. Die Publikation verschweigt die existierenden Probleme nicht, würdigt aber gleichzeitig angemessen die Errungenschaften sowie die Toleranz und Akzeptanz.
Petra M. Springer
Queer in Israel. Hg. von Nora Pester. 168 Seiten, Hentrich & Hentrich, Berlin/Leipzig 2018 EUR 24,90