Oktobermädchen

Geschichten aus der Kindheit, einer weiblichen Kindheit in Minsk im Weißrussland der 1980er Jahren, also unter noch sowjetischen Bedingungen. Es gibt da zwei Sprachen, das Weißrussische und das Russische, deren unterschiedlicher Stellenwert erst gelernt werden muss. Sowie gelernt werden muss, dass Lenin für die „Oktoberkinder“ in der Schule zwar äußerst bedeutsam ist, zu Hause aber keine große Rolle spielt. Gelernt werden muss auch, was es bedeutet ein Mädchen zu sein, ein durchaus schmerzvoller Erwerb. Das Unbehagen in der Ordnung der Geschlechter teilt die Erzählerin mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter, jede in ihrer Zeit. Blitzlichtartig lässt die mehrfach preisgekrönte belarussische Autorin, Übersetzerin und Linguistin Volha Hapeyeva, geboren 1982 in Minsk, die Leserin in ihre Kindheit in einem Land, das es so nicht mehr gibt, eintauchen. In ihren flotten, ironischen Erzählstil lässt sie den „Silberstaub des Feminismus“ einfließen, ein unterhaltsames, mitreißendes Buch. In einer Nacht ausgelesen!
 Sena Doğan
Volha Hapeyeva: Camel Travel. Aus dem Belarus. von Thomas Weiler. 128 Seiten, Literaturverlag Droschl, Graz 2021, EUR 18,00