„Queer Peer“ – Subkultur als Ressource
Die Autorin will mit ihrer Studie einen Einblick in die Lebensrealitäten Jugendlicher und junger Erwachsener geben, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder eigenwilliger Geschlechtlichkeit als anders, nicht-normal bewertet werden, unsichtbar gemacht werden und Diskriminierung erfahren. Daraus resultierende Verunsicherung, Schuld- und Schamgefühle werden leidvoll individualisiert. Deutlich wird die Stadt-Land-Differenz und die zentrale Ressource von Unterstützungs- und Kontaktmöglichkeiten über das Internet. Online-Vernetzung stärkt und erleichtert auch jungen Leuten am Land den Zugang zu Informationen und solidarischen Communities. Neue Rollen können ausprobiert und Beziehungen angebahnt werden. Der Schwerpunkt der qualitativen Interviews, die mit der Methode der Grounded Theory ausgewertet wurden, liegt auf schwulem und lesbischem Coming-Out sowie Transitions-Prozessen. Fein wäre noch gewesen, mehr zu Inter- und non-binary-Personen zu erfahren und auch die Funktion der psychosozialen Onlineberatung könnte genauer ins Auge gefasst werden. Die Ergebnisse der Interviews sind sehr ausführlich dargestellt, was beim Lesen – trotz des ganz offensichtlichen Engagements der Autorin – aufgrund der vielen Wiederholungen etwas ermüdend wirkt. Ein paar Kürzungen hätten der Lesbarkeit gut getan, als Einführung ins Thema ist das Buch dennoch sehr gut geeignet.
Bettina Zehetner
Kerstin Rinnert: Liebes Leben anders: Eine ressourcenorientierte Analyse queerer Lebensrealitäten in heteronormativen Verhältnissen. 315 Seiten, Budrich, Leverkusen/Opladen 2021 EUR 40,10