Schweigen ist Gold
Die Ich-Erzählerin Ipek verbringt drei Tage alleine mit ihrem Vater, während ihre Mutter mit Freundinnen auf Kurzurlaub ist. Dahinter steckt der Wunsch, die Sprachlosigkeit, die seit ihrer Pubertät zwischen den beiden herrscht, zu überwinden. In ihrer Kindheit hatte sie ein sehr nahes Verhältnis zu ihrem Vater. Mit trockenem Humor und bestechend klarer Sprache beschreibt die Journalistin Dilek Güngör die drei gemeinsamen Tage der beiden. Es ist bereits ihr dritter Roman, in dem sie in unaufgeregter Weise Migration, Migrationsvordergrund, entsprechende Zuschreibungen und möglichen Umgang damit thematisiert. Reflexionen über Sprache und Sprachlosigkeit, Erinnerungen an die Kindheit, an die eigene in einer deutschen Kleinstadt und die des Vaters in einem anatolischen Dorf, Gedanken über unterschiedliche Lebensentwürfe wechseln sich unterhaltsam mit Situationskomik ab. Ein berührender Text über eine Tochter-Vaterbeziehung, in der gemeinsames Tun Nähe herstellt und schließlich verbale Kommunikation ersetzt. Empfehlenswert!
Sena Doğan
Dilek Güngör: Vater und ich. Roman. 104 Seiten, Verbrecher Verlag, Berlin 2021 EUR 19,00