Spurensuche im World Wide Web

Nach dem Tod eines Verwandten bekommt die österreichische Autorin Lisa Spalt einen Stoß an historischen Fotografien aus dessen Nachlass. Sie beginnt zu recherchieren – lässt sich die Biografie der Menschen auf den Bildern, besonders die einer Frau namens Henrietta, virtuell wiederherstellen? Die Spurensuche hinter dem Bildschirm verläuft zäh. Die wertvollen Infos sind vielseitig interpretierbar. Wie kam Henrietta in die U.S.A. und was genau passierte zwischen ihrer Geburt 1905 und ihrem Tod 1999? Während Spalt sich der Frage annähert, welche Daten von uns nach unserem Tod für die Nachwelt übrigbleiben, gibt sie – scheinbar nebenbei – ein starkes Werk an experimentellem Schreiben ab. Dem Erzählstrang rund um die Henrietta-Recherche im World Wide Web ist jeweils auf der rechten Seite des Buches zu folgen. Auf der linken Seite bietet sich uns ein gewagtes Jonglieren an buntgemischten Gedankensträngen, welches aktuelle Themen wie soziale Netzwerke, ausbeuterische Arbeitsbedingungen und Terrorismus abarbeitet. Umrandet wird das Ganze mit besagten Schwarz-Weiß Fotos von Henrietta und ihrer Familie. Spalt, in Vorarlberg geboren, liefert mit ihrer fünften Buchveröffentlichung ein ungewöhnliches und reizvolles Werk ab.
Birgit Coufal
Lisa Spalt: Die zwei Henriettas. Eine Odyssee. 144 Seiten, Czernin, Wien 2017 EUR 18,90