Über die Wichtigkeit, Geschichte(n) zu erzählen
Die Geschichte der Alevit:innen ist eine unterdrückte Geschichte. Dabei ist es eine Geschichte, die so wichtig ist für die Geschichte der Türkei und die Geschichte Deutschlands und Österreichs. Eine Vielzahl der Migrant:innen aus der Türkei in den 1970er Jahren waren Alevit:innen, die dort vor politischer und religiöser Verfolgung flüchteten. Viele von ihnen wohnen immer noch in Deutschland und Österreich. Das Buch lehrt uns, warum diese Geschichte so schwierig zu erzählen ist, da es an der Weitergabe von Wissen und an einer Sprache dafür fehlt. Leyla Bektaş schafft es in ihrem Roman „Wie meine Familie das Sprechen lernte“ anhand ihres Fokus auf drei Hauptpersonen Alev, deren Vater Mithat und deren Onkel Cem, ihre Version der Geschichte zu vermitteln. Sie lädt uns ein, verschiedene Perspektiven einzunehmen, von denen manche nur ganz kurz zu Wort kommen, andere den Roman über zentral begleiten. Cem, ein erfolgreicher Textilunternehmer in Istanbul, Mithat, der sich in Deutschland ein eigenes Leben aufgebaut hat und Alev, die versucht, ihre Identität und Geschichte zu finden, lassen uns teilhaben an ihrem Weg und ihrem Umgang mit den politischen Entwicklungen der Türkei. Der Roman beeindruckt durch seine Vielstimmigkeit, durch seine Weigerung, für uns den richtigen Weg zu bewerten und lädt uns ein, uns mehr mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen. Eine große Leseempfehlung!
Nike
Leyla Bektaş: Wie meine Familie das Sprechen lernte. 320 Seiten, Nagel und Kimche, Hamburg 2024 EUR 25,50