„Unzucht wider die Natur…“
Gleichgeschlechtliche Beziehungen waren in Österreich unter allen Regimen strafbar. Von der Monarchie über die erste Republik, den Austrofaschismus, den Nationalsozialismus bis in die zweite Republik hinein bis 1971. Das Gesetz galt in Österreich für Frauen und Männer, während in Deutschland nur männliche Homosexualität strafbar war. Diese Diskrepanz im Strafrecht wurde auch von den Verteidigern der angeklagten Frauen vorgebracht, zumal Österreich ja als ‚Ostmark’ ein Teil des ‚deutschen Reiches’ war. Trotzdem wurden Frauen auch von 1938-1945 in Österreich verurteilt und inhaftiert, da für die Strafverfolgung die Gesetze des Tatortes relevant waren. Natascha Bobrowsky recherchierte die Lebensgeschichten von Frauen aus verschiedenen sozialen, beruflichen und geografischen Zusammenhängen, die wegen „Unzucht wider die Natur…“ vor Gericht standen. Dabei war sie, wie so oft bei der Forschung über den Nationalsozialismus, hauptsächlich auf Quellen der Verfolgungs- und Strafbehörden angewiesen. Exkurse im Text informieren über Institutionen wie etwa die Weibliche Kriminalpolizei oder die Lager Uckermark und Ravensbrück. Der Autorin ist es gelungen, aufgrund umfangreicher Forschungen, auch in den Archiven der Bundesländer, nachzuweisen, dass Frauen in Österreich während des Nationalsozialismus wegen ihrer sexuellen Orientierung vor Gericht gestellt und bestraft wurden. Natascha Bobrowskys Buch ist ein wichtiger Beitrag zur Forschung über einen bisher nur wenig aufgearbeiteten Teilbereich nationalsozialistischer Verfolgung.
Karin Nusko
Natascha Bobrowsky: Verbotene Beziehungen. Weibliche Homosexualität im nationalsozialistischen Österreich. 232 Seiten, Mandelbaum, Wien 2025 EUR 23,00