Weibliches Werben im Theater
Vor dem Hintergrund der These, dass Theater ein Ort möglicher Überschreitungen gesellschaftlicher Normen ist, untersucht Natalia Fuhry in ihrer Dissertation drei deutsch- und drei englischsprachige Komödien, in denen zentrale Frauenfiguren um ein männliches Liebesobjekt werben. Dabei geht sie von einem „Mythos Frau“ aus, der durch diese Handlungskonstellationen dekonstruiert werden kann. Ist es in Shakespeares „Twelfth Night“ und Schlegels „Der Triumph der guten Frauen“ das Cross-Dressing, das den Frauen ein zumindest temporäres Ausbrechen aus konventionellen Rollenerwartungen ermöglicht, so arbeitet Fuhry in Goldsmiths „She Stoops to Conquer” und Lessings „Minna von Barnhelm” die Zusammenhänge zwischen sozialem Statuswechsel und Geschlechterverhältnissen heraus. Im letzten Abschnitt werden anhand von Shaws „Man and Superman“ sowie Hofmannsthals „Der Schwierige“ Alternativen zur um die Jahrhundertwende vorherrschenden Figur der femme fatale sichtbar. Die Arbeit macht so ein weiteres Feld auf, als die grundsätzliche Fragestellung vermuten ließe. Dies ist durch die zahlreichen Kontextualisierungen und Querbezüge zwar interessant – im Gesamten betrachtet wäre eine stärkere Konzentration auf so zentrale Fragen wie die nach sprachlicher und inhaltlicher Formulierung weiblichen Begehrens, nach Körperlichkeit und Sexualität aber durchaus wünschenswert gewesen. Durch die Auswahl eines Werk-Korpus von ausschließlich männlichen Autoren muss die Frage, ob Autorinnen mit einer solchen Thematik anders umgingen, in diesem Buch unbeantwortet bleiben.
Kordula Knaus
Natalia Fuhry: Sie macht ihm den Hof. Dekonstruktionen von Weiblichkeitskonzepten in englischen und deutschen Komödien. 232 Seiten, WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier, Trier 2016 EUR 29,30