Parallelgesellschaft

Der Debutroman von Raphaela Edelbauer wurde sowohl für den deutschen als auch österreichischen Buchpreis nominiert. Er liest sich als hybride Parabel mit kafkaesken Einschüben, streckenweise dann wieder als Krimi und auch historische Legenden werden verarbeitet. Die tablettensüchtige Ruth Schwarz ist dabei, ihre Habilitationsschrift in theoretischer Physik zu verfassen, als sie erfährt, dass ihre Eltern tödlich bei einem Verkehrsunfall verunglückt sind. Deren letzter Wille ist, in Groß-Einland, ihrem Geburtsort, begraben zu werden. Ruth begibt sich auf die Suche, da sie den Ort nur aus Erzählungen kennt. Nach längerem Herumirren findet Ruth die rätselhafte Ortschaft, die auf keiner österreichischen Landkarte zu finden ist. Schon bald zieht dieser Ort sie derart in den Bann, dass sie beschließt zu bleiben und von da an schwimmt ihr die Zeit davon. Sie lernt die mächtige Gräfin kennen, die sie mit einem Jobangebot ködert. Ruth soll Berichte mit gefälschten Messergebnissen produzieren, um die Menschen ahnungslos zu halten. Der Gräfin gehören fast alle Ländereien der Einheimischen im Ort. Wie kam es dazu, obwohl die Besitzverhältnisse vor einigen Jahrzehnten noch ganz anders aussahen? Warum ticken die Uhren in Groß-Einland langsamer? Welche Rolle spielt das Bergwerk unter dem Ort und was bedeuten die schwarzen Löcher? Warum versinken die Häuser im Morast? Für Ruth entstehen ständig neue Rätsel, deren Auflösung sie näher kommt. Und zu allem Übel ist die Gegenwart eng verstrickt mit der nationalsozialistischen Vergangenheit des Dorfes. Ein wundersamer Roman, der eine interessante Lesereise anbietet, offenbar ein neuer Stil.
ML
Raphaela Edelbauer: Das flüssige Land. 351 Seiten, Klett-Cotta, Stuttgart 2019 EUR 22,70