Vom Machen oder Seinlassen
Der zentralen Frage, ob Kunst politisch ist bzw. sein muss, geht Büke Schwarz in ihrem Graphic-Novel Debut Jein auf persönliche und sehr unmittelbare Art und Weise nach. Ela Wolf, die Protagonistin der Geschichte, ist Mitte 20, lebt und arbeitet als Künstlerin in Berlin. Dass ihre Eltern aus der Türkei stammen, spielt bisher weder beruflich noch privat eine wesentliche Rolle in ihrem Leben. Erst mit dem katastrophalen Ausgang des Verfassungsreferendums in der Türkei im April 2017 wird sie als Halbtürkin identifiziert und als solche nach einer klaren Positionierung befragt.
Jein ist auch der Titel der Ausstellung, die Ela dieser Tage mit drei anderen jungen Künstler*innen konzipiert. Sie widmet sich aus unterschiedlichen künstlerischen Winkeln dem Thema der Ambivalenz und der Angst (mitunter auch vor Entscheidungen). Die Vernissage findet am Tag nach dem Referendum statt und die Ausstellung wird von Medien und Publikum gefeiert. Auch auf Berlins Straßen spiegelt sich eine Ambivalenz hinsichtlich der Entscheidung in der Türkei wider. Eine sehr knappe Mehrheit (51%) der wahlberechtigten Türk*innen in- und außerhalb der Türkei scheint Erdogans autoritäre Bestrebungen zu bejahen. Ela soll sich nun also auch positionieren; als Künstlerin und als Deutsch-Türkin. Düster bis läuternd anmutende Aquarell-Kapitelüberschriften führen durch die ansonsten schwarz-weiß gehaltene Graphic-Novel. Büke Schwarz zeichnet schlicht und empfindsam einen Ausschnitt aus dem Leben einer jungen Frau, deren Vorstellungen vom Leben, von der Kunst und von Politik manchmal unvereinbar erscheinen.
Miriam Danter
Büke Schwarz: Jein. 232 Seiten, Jaja Verlag, Berlin 2020, EUR 24,00