Transatlantischer Handel mit Versklavten
Dem Verlag w_orten & meer ist es gelungen, den großartigen Roman von Léonora Miano zum Thema TDS (Transatlantische Deportation subsaharischer Menschen) in deutscher Sprache herauszugeben. Es ist das erste Werk Mianos, das auf Deutsch erscheint. Ina Pfitzner hat sich bemüht, eine diskriminierungskritische Übersetzung aus dem Französischen vorzulegen. Das ist ihr hervorragend gelungen. An dieser Stelle ein Lob an der Verlag, der sich in Auswahl der Übersetzung, des Lektorats und des Nachworts intensiv mit dem Schaffen und Denken der Autorin beschäftigt hat. Der Roman unternimmt den Versuch, den namenlosen und unzähligen Menschen, die zu Beginn der Invasion europäischer Kolonisatoren in Afrika deportiert wurden, eine Stimme zu geben. Es sind viele weibliche Stimmen, aber nicht nur. Am Beginn der Geschichte steht das unerklärliche Verschwinden frisch initiierter erstgeborener Söhne und zweier erwachsener Männer. Durch die Suche nach ihnen erfahren die Dorfbewohner*innen von den Hühnermenschen, die mit großen Schiffen an der Küste landen und regen Tauschhandel mit den dort ansässigen Völkern treiben. Ein fesselnder, grandioser Roman, der im Küstengebiet des heutigen Kameruns angesiedelt ist. Miano hat sich intensiv mit der Mythologie, den Glaubensvorstellungen, aber auch der Kleidung oder der Nahrung von subsaharischen Menschen um 1500 auseinander gesetzt. Fantastisch geschrieben, vielschichtig und politisch positioniert und positionierend. Read it!
Beate Foltin
Léonora Miano: Zeit des Schattens. Aus dem Franz. von Ina Pfitzner 300 Seiten, w_orten & meer, Hiddensee, 2020 EUR 14,40