Musik und Lesbenliebe in den 1950er Jahren

Kathy ist Kapellmeisterin und Dirigentin einer Damenmusikkapelle. Sie tourt mit ihrer Partnerin Fritzi durch Westeuropa. Magische Blicke zwischen Kathy und Irene, einer Serviceangestellten, die im Publikum sitzt, treffen sich. Sehnsüchtiges Verlangen entsteht. Diese lesbische Liebesgeschichte ist einer der ersten drei Lesbenromane, die in den 1950er Jahren entstanden sind, und autobiografisch erzählt. Erst 30 Jahre nach Erhalt des Manuskripts veröffentlicht Marti diesen Roman der lesbischen-feministischen Literatur der 1950er Jahre. Im Vorwort schreibt Purtschert, Professorin für Geschlechterforschung, was lesbische Frauen durch die Zeiten verbindet und über das Anderssein als Ressource. Textstellen, die neben Schmerz und Widerstand auch Freiheit und Glück enthalten, sind für Purtschert berührend. Zum Beispiel, wenn sich Irene weigert, mit Kathy in eine hierarchische Beziehung zu treten, weil sie das patriarchale Beziehungsmodell zurückweist. Sie sei nicht die demütig gehorchende Frau trotz Kathys gesundheitlicher, emotionaler und ökonomischer Abhängigkeit. Sie fordert selbstbewusst Freiheit, die in kein heteronormatives Beziehungsmodell passt. Queere Utopien bedeuten, bestehende Spielräume für ein anderes Lieben und Geliebtwerden auszuweiten, was lesbische, queere Politik der Gegenwart mit den Protagonistinnen verbindet. Im Nachwort schreibt Marti über ihre Begegnung mit der Autorin und die Entwicklung bis zur Publikation des Buches, mit schwarzweißen Fotografien bildhaft ergänzt. Lesenswert.

Vero

Ida Erne: Anders als die andern. Hg. von Madeleine Marti. 196 Seiten, eFeF-Verlag, Wettingen 2022 EUR 25,00