Art Brut von Frauen

„Flying High“ präsentiert Werke von Künstlerinnen der Art Brut. Zur Ausstellung 2019 in Wien erschien ein aufwendig gestalteter Bildband mit spannenden kunst­geschichtlichen, psychologischen und film­wissenschaftlichen Begleittexten. Dass Kunst aus dem psychiatrischen Zusammenhang wertvolle Beiträge zur Geschichte der ­­Welt(re)präsentation liefert, galt lange nur für männliche Kunstproduktion. Dass Frauen überhaupt, quasi im „Normalzustand“, Künstlerinnen sein können, ist immer noch eine Nachricht mit Neuigkeitswert. Immerhin eine, die Publikum in Scharen anzieht, wie die Ausstellung „Stadt der Frauen“ im Belvedere in Wien gezeigt hat – Zeitgenossinnen von Schiele und anderen üblicherweise heroisierten Malern wurden hier erstmals als die großartigen Malerinnen präsentiert, die sie immer schon waren. Grund genug, Malerinnen aus dem pathologisierten Bereich einmal genauer zu betrachten. Initiatorinnen für Erkenntnisse im Bereich der Psycho(patho)logie waren historisch ja bereits Frauen mit „hysterischen“ Symptomen gewesen. Die Ausstellung „Flying High“ ist die erste, die sich weltumspannend der Kunst weiblich identifizierter Menschen aus psychiatrischen Zusammenhängen widmet. Sie zeigt Kunst der Art Brut seit 1860 bis heute. Der Bildband bezeugt das Ringen um Anerkennung von Künstlerinnen und peripheren gesellschaftlichen Positionen, spiegelt anhaltende Debatten zu Geschlechteridentitäten und Ausgrenzungen und zeigt eine beeindruckende Auswahl an Bildmaterial.
Susa
Flying High. Künstlerinnen der Art Brut. Hg. von Ingried Brugger, Hannah Rieger und Veronika Rudorfer. 264 Seiten, Kehrer, Heidelberg 2019 EUR 32,90