Gender-Sensibilität gesucht…

Der vorliegende Band ist eine erste umfassende Auseinandersetzung innerhalb der Psychotherapieforschung mit der Gender-Problematik. Bislang fehlte in nahezu allen therapeutischen Schulen eine konsequente und systematische Einbeziehung der Kategorie Geschlecht im therapeutischen Prozess bzw. blieb diese auf die Ebene der PatientInnen beschränkt. Die Autorin betrachtet das therapeutische Geschehen als inter­aktionistischen Prozess und bezieht nun die Ebene der TherapeutInnen mit ein und schließt damit eine Lücke. Es wird außerdem eine Brücke geschlagen zwischen den verschiedenen Gender-Wissensgebieten: Ausgehend von Erkenntnissen aus der Anthro­pologie und Erkenntnistheorie werden dann psychologische und psychotherapeutische Theorien herangezogen. Zuletzt werden empirische Befunde und die Praxis befragt. So wird offensichtlich, dass der Genderdiskurs immer auch ein Herrschaftsdiskurs ist und einen emanzipatorischen Anspruch hat. Dies kann nun auch im psycho­therapeutischen Prozess fruchtbar gemacht werden. Genderdiskurse berühren immer auch Themen der Benachteiligung von gesellschaftlichen Gruppen (MigrantInnen, Angehörige unterer sozialer Schichten . . .). Werden diese miteinbezogen, erscheint Psychotherapie als gesellschaftspolitisches Handeln. Der vorliegende Band richtet sich an genderinteressierte PsychotherapeutInnen und BeraterInnen.
Susanne Schweiger
Brigitte Schigl: Psychotherapie und Gender. Konzepte. Forschung. Praxis. Welche Rolle spielt die Geschlechtszugehörigkeit im therapeutischen Prozess? 241 Seiten, 2. überarb. Aufl, Springer, Wiesbaden 2018 EUR 28,78