Beauvoir revisited
Unterwerfung als aktiver Gegenpol zu Ausübung von Macht findet in der Philosophie wenig Beachtung. Dies zu ändern, heftet sich die 1985 geborene Garcia auf die Fahnen. Scharfsinnig hinterfragt sie die Zusammenhänge zwischen Weiblichkeit und Unterwerfung, also dem Verzicht auf Freiheit, dem Sich-Fügen in fremdbestimmte Machtstrukturen. Kann Unterwerfung auch freiwillig erfolgen? Warum scheinen manche Frauen sie sogar zu genießen? Garcia leitet die Leserin durch Thesen verschiedener Philosoph*innen (u.a. Freud, Rousseau, MacKinnon, Heidegger, Sartre, Hegel). Kern der Analyse bleiben jedoch die Werke von Simone de Beauvoir. Dabei zeigt Garcia, wie deren Texte Wegbereiter für die Abkehr von der geschlechtlich begründeter Unterwerfung sind und streicht gleichzeitig hervor, wie Beauvoir selbst Aspekte ihrer Autonomie aufgab. Weiters beschreibt Garcia die strukturellen Hintergründe, die die Suche nach Freiheit für Frauen so kostspielig machen. So kommt die Autorin zum Schluss, dass die Akzeptanz der Machtverhältnisse keine Wahl im eigentlichen Sinne ist. Doch es gibt Hoffnung: Insbesondere durch die Ausübung autonomer Arbeit ließe sich der Teufelskreis von Macht und Unterwerfung durchbrechen. Wer Beauvoir und ihren intellektuellen Werdegang kennenlernen oder besser verstehen möchte, der/dem sei dieses Werk wärmstens empfohlen.
Magdalena Holczik
Manon Garcia: Wir werden nicht unterwürfig geboren. Wie das Patriarchat das Leben von Frauen bestimmt. Aus dem Franz. von Andrea Hemminger. 234 Seiten, Suhrkamp, Berlin, 2021 EUR 26,80