Charlie Hebdo und ein Garten in Nizza

Eine Pariser Schriftstellerin erlebt die Terroranschläge 2015 aus nächster Nähe und gerät in eine schwere Krise. Die zuvor scheinbar klaren Grenzlinien zwischen dem Innen und Außen verschwimmen, das Außen droht in das Innere vorzudringen. Die „Gewalt der Welt“ kriecht der Ich-Erzählerin plötzlich „unter die Haut“. Für sich, ihre beiden Töchter und ihr ungeborenes Kind versucht sie, wieder Halt zu bekommen und ihre Lebensfreude zurückzugewinnen. Gleichzeitig bedroht ein anderes bevorstehendes Ereignis ihr inneres Gefüge. Das Haus ihrer Kindheit in Nizza, ihr Rückzugsort und Speicher vieler Erinnerungen, soll verkauft werden. Auch wenn die Terroranschläge mit dem Verlust des Hauses vordergründig nichts zu tun haben, erfährt die Erzählerin im Verlauf einer mehrmonatigen inneren Reise, dass sich für sie in diesen beiden Ereignissen, ebenso wie in der Geburt ihres Kindes, ganz grundsätzliche Fragen aufzeigen. Kann man noch einmal von vorne beginnen? Kann man Lebensspuren aus der Vergangenheit mittragen und für sich und andere sichern? Die kleinen oder doch großen Dinge, wie den Duft eines Hauses, eines Gartens und die Stimmen geliebter, aber verlorener Menschen? Ein sehr gelungenes Buch, in dem Laurence Tardieu persönliche Erfahrungen verarbeitet hat.

Helene Breitenfellner

Laurence Tardieu: So laut die Stille. Aus dem Franz. von Kirsten Gleinig, mit einem Nachwort von Husch Josten. 168 Seiten, edition fünf, Hamburg 2017 EUR 19,60