Das Geheimnis der Galeristin
Wir begegnen Cassandra Darke spätabends kurz vor Weihnachten auf einer Londoner Einkaufsstraße. Sie versteckt sich im Trubel vor einer ihrer Kund_innen, und wir erfahren auch bald, warum: Cassandra hat Kunstobjekte gefälscht, eine Aufdeckung ihrer Machenschaften ist nun nicht mehr vermeidbar. Sie wird zu 200 Stunden Sozialarbeit verurteilt, muss ihr Zweithaus in Frankreich verkaufen, ihren Fahrer und ihre Haushälterin kündigen und ihr Leben generell umstellen. Und ohne Gärtner verkommt auch der Zen-Garten hinterm Haus. Tja, das Mitleid hält sich in Grenzen, denn Cassandra ist ziemlich unsympathisch, äußerst selbstbezogen, ignorant und grantig. In Rückblenden erfahren wir mehr aus ihrem Leben – dass ihr Mann sie wegen ihrer Stiefschwester Margot verlassen hat, deren Tochter Nicki Cassandra jedoch in die Einliegerwohnung in ihrem Haus hat einziehen lassen. Nicki verwickelt Cassandra in eine äußert zwielichtige Geschichte, die mit einer kürzlich gefundenen Leiche zu tun zu haben scheint. Cassandra interessiert sich eigentlich mehr dafür, ihr eigenes, aus den Fugen geratenes Leben zu beenden, aber vorher würde sie doch gerne diese nervige Geschichte zu einem Ende bringen. Posy Simmonds hat eine sehr ausdrucksstarke Anti-Heldin entworfen und eine wunderbar vielschichtig gezeichnete Geschichte rund um eine tragischerweise ermordete junge Frau gespannt.
Gabriele Mraz
Posy Simmonds: Cassandra Darke. Aus dem Engl. von Sven Scheer. 96 Seiten, Reprodukt, Berlin 2019, EUR 24,70