Der Mensch: überschätzt oder verhätschelt?
In ihrem Buch zur Verletzlichkeit des Menschen nimmt sich Lisz Hirn zunächstviel vor – sie beginnt mit einem kritischen Einstieg, der die hierarchische Überposition des Menschen hinterfragt, entlang der Themen Essen, Sterben, Werden und Handeln. Ihre Argumentationslinie vollzieht sie entlang der Leiblichkeit, die einhergeht mit der Fähigkeit, zu empfinden und daher auch verletzlich zu sein, und überlegt, was der Vormarsch künstlicher Intelligenz bedeuten könnte. Aus dem anfänglich großen Ausholen wird allerdings dann eine eher anthropozentrische Analyse. Mit der Körperlichkeit geht die Frage nach dem Erhalt des Körpers einher und so startet sie mit dem Essen. Sie geht vom Tabu aus, andere Menschen zu verspeisen, das im Zusammenhang mit der Angst vor dem Tod steht und rational nicht unbedingt erklärbar ist. Der Hinweis auf die hohen Protein-Nährwerte von menschlichem Fleisch lassen auf zynische Dekonstruktion kultureller Praktiken hoffen, die allerdings nicht eingelöst wird. Sie beruft sich auf Nietzsche, Agamben und Haraway und bleibt insgesamt auf eher traditionellem Terrain. Das Einbeziehen politischer Denkerinnen wie beispielsweise Sue Donaldson, die Mensch-Tier-Hierarchien klar seziert, hätte wertvolle innovative Inputs bezüglich Hierarchien liefern können. Denn die Mensch-Tier Beziehung bleibt eine politische Frage und genau hier weiter on track zu bleiben die philosophische Herausforderung.
Susa
Lisz Hirn: Der überschätzte Mensch. Anthropologie der Verletzlichkeit. 128 Seiten, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2023 EUR 20,60