Dichterin in einer irrsinnigen Welt

Die bedeutende russische Dichterin Marina Zwetajewa und ihre Tochter Ariadna Efron sind die Protagonistinnen des Romans der finnischen Autorin Riikka Pelo. Das Leben der beiden Frauen in einer – wie es die Dichterin immer stärker wahrnimmt – irrsinnig gewordenen Welt ist geprägt von Schicksalsschlägen und Not, aber auch von Liebe und Hoffnung. Der Roman spielt vorwiegend im August 1923, als Zwetajewa und Ariadna in einem Dorf bei Prag leben, und im August 1939, als beide wieder nach Moskau zurückgekehrt sind. Die Sowjet‑ union der Stalinzeit ist der Mutter verhasst, während die Tochter große Hoffnungen in sie setzt. Pelo geht es nicht um umfassende Biografien, sie konzentriert sich auf das Innenleben ihrer Protagonistinnen. Abwechselnd gibt sie Einblicke in die Ängste, Wünsche und Träume der Mutter, wenn sie aus dem Jahr 1923 erzählt, und der Tochter, die sie in der Ich-Form im Jahr 1939 zu Wort kommen lässt. So spannend und bewegend das oft ist, ein bisschen mehr Klarheit in der Erzählung hätte nicht geschadet. Gerade im ersten Drittel des Romans ist es schwierig sich zu orientieren. So manche Leserin wird wohl – so wie ich – die Hilfe von Wikipedia in Anspruch nehmen müssen, um sich zu orientieren. Die Vielfalt der russischen Namen, Vaternamen und Kosenamen sowie die Auszüge aus Gedichten und Briefen verleihen dem Text zwar Authentizität, ein bisschen weniger wäre aber vielleicht mehr gewesen.  Constanze Ertl

Riikka Pelo: Unser tägliches Leben. Aus dem Finn. von Stefan Moster. 495 Seiten, Verlag C. H. Beck, München 2017 EUR 27,80