Die Demontage eines Mythos

Leni Riefenstahl war Regisseurin, Schauspielerin und Fotografin, deren Ruhm im Dritten Reich seinen Höhepunkt fand. Die Autorin des Buches hat in den Siebzigern eine Dokumentation für den WDR über Riefenstahl und deren Zwangsrekrutierung von Roma und Sinti als Komparsinnen und Komparsen für den Film Tiefland gedreht und wurde deshalb von ihr verklagt. Ein Prozess, den Nina Gadlitz zwar in drei von vier Anklagepunkten gewinnen sollte, der sie jedoch in ihrer weiteren beruflichen Laufbahn dauerhaft beeinträchtigte. Sie arbeitet in der Biografie heraus, dass Riefenstahl keinesfalls eine Mitläuferin oder gar Widerstandskämpferin war, wie diese es nach dem Untergang des Dritten Reichs darzustellen versuchte. Sie beschreibt die engen Kontakte Riefenstahls zu Hitler und den Größen der NSDAP und ihr grausames Verhalten gegenüber jenen, die sich ihr zu widersetzen versuchten. So zeichnet sie Stück für Stück das Bild einer Frau, die zur Erreichung ihrer Ziele über Leichen ging, sich selbst immer wieder neu erschuf und deren beschönigte Autobiographie einer näheren Überprüfung nicht standhält. Den Vorwurf, den Gadlitz Historikerinnen und Biografinnen Riefenstahls macht, nämlich das Fehlen von überprüfbaren Quellen, muss sie sich allerdings teilweise selbst gefallen lassen, da sie bei fehlender Faktenlage subjektive Interpretationen, immer zum Nachteil Riefenstahls, einfließen lässt. So wirkt die Biografie teilweise wie ein persönlicher, allerdings berechtigter, Rachefeldzug gegen Riefenstahl.
  Tina Lauinger
Nina Gadlitz: Leni Riefenstahl. Karriere einer Täterin. Biografie. 427 Seiten, Orell Füssli, Zürich, 2020, EUR 25,90