Dynamischen Schrittes zu neuen Chancen

„Das Problem beim Älterwerden ist gar nicht, dass man alt wird, sondern dass man jung bleibt.“ Dieses Zitat bildet den Hintergrund der Interviews und spiegelt sich sowohl im Vorwort als auch im Prolog und in den Interviews der Autorin wider. Sie beschreibt ausführlich den demografischen Wandel mit der Veränderung der Lebenserwartung und den damit „geschenkten Jahren“ sowie „das Spiegelbild eines gesamtgesellschaftlichen Phänomens, dass (. . .) Frauen ab 60 unsichtbar zu werden scheinen, sowohl in der Öffentlichkeit als auch in Arbeitsprozessen“. Neun Frauen mit Geburtsjahr 1935-1954 erzählen über ihr Aufwachsen, ihren Bildungsweg, ihre berufliche Entwicklung und über Privates. Trotz aller Unterschiede, Rückschläge und Schwierigkeiten schaffen sie es auch im Alter, neue Chancen zu ergreifen. Die Autorin weist darauf hin, dass eher gutverdienende und hochgebildete Männer mit kontinuierlicher Erwerbstätigkeit das Arbeiten im Alter gut nutzen können. Frauen sind aufgrund ihres meist brüchigen Erwerbslebens häufiger von materieller Armut betroffen und müssen, wenn sie im Pensionsalter weiterarbeiten wollen, neue Wege suchen, auch wenn sie über eine ausgezeichnete Ausbildung verfügen.Der Autorin hat ihre Motivation, im Alter arbeitende Frauen vorzustellen, sehr gut umgesetzt und die Erzählungen der Protagonistinnen feinfühlig verschriftlicht. Beim Lesen entstehen – durch ausdrucksvolle Fotos unterstützt – klare Bilder, die sich nachhaltig im Kopf einnisten und die Reflexion der eigenen Situation beschleunigen.
Ulrike Retschitzegger
Nicole Andries: Wir wollen es nochmal wissen! Frauen, die kein Alter kennen. Mit Fotografien von Felix Broede. Interviews. 135 Seiten, Elisabeth Sandmann Verlag, München 2019 EUR 30,80