Eigene Wut lieben lernen

Harmoniebedürfnis, geschlechtsspezifische Stereotype und Erfahrungen mit sexuellen Grenzüberschreitungen machen es vielen Frauen* im Laufe ihres Lebens schwer, mit ihrem berechtigten Ärger, ihrer Wut, mit Hass oder Ohnmachtsgefühlen noch produktiv umzugehen. Almut Schmale-Riedel hat darüber ein sehr verständnisvolles, freundliches Buch geschrieben, in dem sie über diese Gefühle niederschwellig informiert und jeweils Auswege aufzeigt. Angemessene Wut stellt sie als einen wertvollen „Kompass zu eigener Identität und Persönlichkeit“ dar, als ein wichtiges Be­ziehungsgefühl, das jede Menge Energie und Bewegung ermöglicht. Auch Menschen, die gelernt haben, aus Selbstschutz nichts mehr zu spüren, erhalten Perspektiven für einen Zugang zu sich und einem besseren Leben. Jedes Kapitel endet mit einer Liste von Reflexionsfragen, die eine über sich selbst und ihre Geschichte stellen kann. Viele Beispielgeschichten aus dem Privatleben – mit Freundinnen, mit Partnern (leider nie Partnerinnen) – und aus dem Berufsleben – als Mitarbeiterin, als Führungskraft – ermöglichen Identifikation und Einblick in das Leben anderer Frauen, und wie diese mit einem Gefühl umgehen, das in mitteleuropäischen Gesellschaften für unweiblich erklärt wurde. Almut Schmale-Riedel ist ein Buch gelungen, mit dem sie Frauen Denkanregungen im Umgang mit Wut gibt, viele Fachinformationen in einfach verständlicher Sprache vermittelt und dabei die gesellschaftlichen (Geschlechter-) Kontexte immer miteinbezieht. Und schließlich ist es eine nützliche Anleitung, um sich gut für sich selbst einzusetzen.
Meike Lauggas
Almut Schmale-Riedel: Weibliche Wut. Die versteckten Botschaften hinter Ärger und Co. erkennen und nutzen. 185 Seiten, Kösel Verlag, München 2018 EUR 18,50