Ein Ort, zwei Zeiten und zehn Frauen

Wie Menschen Orte prägen – und umgekehrt: Darum geht es bei Petra Reichenbachs Multimedia-Projekt und in dem dazu erschienenen Katalog. Sie fokussiert die Rolle der Frauen in der Lichterburg in Sachsen. Die Historie des Ortes in Kürze: Vom kleinen Kloster mit Kapelle zur von Kurfürstinnen kunstvoll konzipierten Schlossanlage, die – einen großen Zeitsprung später – zur Haftanstalt und dann zu einem Konzentrationslager umgebaut wurde. Heute ist die Anlage Gedenkstätte und Museum. Als Wendebuch mit zwei Anfängen gestaltet, werden zwei Zugänge bzw. Epochen mit jeweils fünf Biografien von Frauen und deren Geschichte in der Lichterburg fokussiert. Der eine Teil des Katalogs behandelt die architektonische Entwicklung seit der Renaissance und die Freilegung und Erforschung der Zeitschichten in den vergangenen Jahren. Fotostrecken veranschaulichen den Kontrast von Schloss- und KZ-Nutzung. Die Veränderungen hin zu den dunklen Zeiten des Ortes: Perspektivische Wandmalereien mit Naturmotiven wurden monochrom übertüncht. Eingezogene Decken verengten Räume, in denen Gefangene untergebracht wurden. Die unterschiedliche Nutzung hat Spuren hinterlassen. Der zweite Teil des Katalogs dokumentiert auch die transgenerationale Aufarbeitung: Das Kunstprojekt wurde von Schüler:innen mitgestaltet. Dazu befassen sich Beiträge verschiedener Autor:innen tiefgehend mit zehn ausgewählten Frauenbiographien: mit den Kurfürstinnen Elisabeth von Brandenburg, Anna, Hedwig und Anna Sophie von Sachsen sowie mit den KZ-Insassinnen Amalie Pellin, Lina Haag, Olga Benario, Lotti Huber und Wald-Frieda Weiss. Was diese Frauen eint: die Erfahrung von Ausgrenzung und Diskriminierung, Verrat und Verfolgung als Andersdenkende. Ein relevantes Thema – damals wie auch noch heute.
Nina Kreuzinger
Starke Frauen in der Lichterburg. Hg. von Petra Reichenbach. 208 Seiten, Mitteldeutscher Verlag, Halle 2023 EUR 30,00