Einmal Exil und zurück

Im Debüt von Maya Binyam berichtet ein namenloser Ich-Erzähler von seiner ungewollten Reise in sein namenloses afrikanisches Herkunftsland. Seltsam unbeteiligt, aber mit subtilem Witz, erfahren wir von der Flugreise aus den USA bis zum Ziel der Reise, einem entlegenen Dorf in der Bergregion des namenlosen Landes, in dem der vermeintlich gestorbene oder schwer erkrankte Bruder des Ich-Erzählers lebt. Auf dem Weg ins Dorf begegnet dem Protagonisten ein Unbill nach dem anderen: Diebstahl, Betrügereien, Rassismus, religiöser Wahn, aber auch Begegnungen mit merkwürdigen Menschen, die den Ich-Erzähler einerseits an seine eigene Flucht und deren Gründe erinnern, andererseits aber auch strukturelle Ausbeutung in der globalen Welt thematisieren. So begegnet ihm ein Mann, der mit einem Berg gebrauchter Kleidung lebt, die von Menschen aus ‚einem anderen Land’ gespendet wurde. „[…] sie gaben die Sachen einer Wohltätigkeitsorganisation vor Ort, die versprach, sie hilfsbedürftigen Menschen zu geben, Menschen wie uns. Menschen wie wir halfen Menschen wie ihnen, indem wir ihr Gewissen beruhigten, es würde nichts verschwendet werden.“ Maya Binyam legt einen äußerst komplexen und sehr politischen Roman vor. Die Sprache ist einfach, hat aber einen unglaublichen Sog. Es ist eine große zuweilen surreale Geschichte über Migration und Machtverhältnisse, in denen Subjekte namenlos und zu Passivität verurteilt sind.

Beate Foltin Maya Binyam: Galgenmann. Aus dem amerik. Engl. von Eva Kemper. 220 Seiten, aufbau Verlag, Berlin 2023 EUR 22,70