Feminismus im Internetzeitalter
Nachdem Jia Tolentinos Schreiben bereits mit dem von Susan Sontag verglichen wurde, lagen die Erwartungen an ihre nun auf Deutsch erschienene Essay-Sammlung hoch. Und siehe da: Leserinnen mit Interesse an Popkultur, Feminismus und (Netz-)Politik werden nicht enttäuscht. Die US-amerikanische Autorin und Journalistin schafft es auf faszinierende Weise, gesellschaftliche Entwicklungen scharfsinnig, intellektuell und feministisch zu kommentieren. Sie entwickelt dabei ein eigenständiges, oft unkonventionelles Denken, das radikal Selbstkritik übt und sich an den großen (nicht nur) feministischen Fragen des 21. Jahrhunderts abarbeitet. Einerseits versteht es Tolentino, dem Zeitgeist entsprechende Phänomene wie Reality-TV-Shows, Soziale Medien und Celebrities auf kluge und humorvolle Weise zu analysieren. Andrerseits behandelt die Essayistin auch „klassischere“ Themen wie z.B. Geschlechterkonstruktionen im Roman des 19. Jahrhunderts, Vergewaltigungskultur in amerikanischen Fraternities oder die Objektivierung/Kapitalisierung von Frauen(körpern). Die meisten der Texte gehen von persönlichen Erfahrungen aus, die in einen breiteren Kontext gestellt und mit Hilfe umfangreicher Recherchen als gesamtgesellschaftliche Probleme erkannt und kritisiert werden. Dabei verrät uns Tolentino einiges über unsere (bzw. vorwiegend die US-amerikanische) Kultur und gibt interessante Denkanstöße zu diversen aktuell brennenden Themen – Sehr zu empfehlen!‹ ReSt
Jia Tolentino: Trick Mirror. Über das inszenierte Ich. Aus dem amerik. Engl. von Margarita Ruppel. 362 Seiten, S. Fischer, Frankfurt/M. 2021, EUR 21,90