Freundschaft zweier Frauen

Die 30jährige Hauptprotagonistin Josephine durchwandert das Ruhrgebiet, um den Verlust ihrer wichtigsten Freundschaft zu verarbeiten. Abschied und Veränderungen, sei es in Bezug auf den Verlust eines nahestehenden Menschen, des Arbeitsplatzes oder des Zuhauses, geben sich bei ihr und ihren Bekanntschaften in den Gärten sehr unterschiedlich zu erkennen. Das Zelt, das Josephine jede Nacht in einem anderen Garten im Ruhrgebiet aufschlägt, symbolisiert eine Art Zwischen-Raum, weil es Gegensätze vereint. Es bietet Schutz, aber auch Freiheit und Unabhängigkeit. Die Camperin liefert sich der Umgebung aus und muss sich auf das Wesentliche reduzieren, bequem, aber ohne Luxus. Sie trägt nur das Notwendigste bei sich. Das Zelt ist für Josephine ein Rückzugsort, welches sie aber auch, wie eine Schnecke ihr Haus, auf dem Rücken stets mit sich trägt. Ihre mit Klebeband befestigten Laufschuhe sind abgetreten. Sie bekommt neue Schuhe und ein Fahrrad für ihre weitere Wanderung geschenkt, aber ob sie letzteres annimmt, ist fraglich. Es bleibt spannend, welches Ziel Josephine anstrebt und wie lange sie das Wanderleben durchhält. Der Roman ist literarisch gelungen, thematisiert die Freundschaft zweier Frauen und regt auch zum Nachdenken über gute Freundschaften an. Schließlich macht das Zelten unter dem grünen Baum auf dem Buchcover auch Lust auf ein spannendes Lesevergnügen. Lesenswert.

Vero

Jenny Bünnig: Meine fremde Freundin. 270 Seiten, Arche Verlag, Berlin 2020 EUR 22,70