Gehen oder bleiben

Wir schreiben das Jahr 1989. Der Roman von Nadine Schneider führt uns in ein kleines Bauerndorf in der Nähe der serbischen Grenze. Das ganze Land steht unter der drückenden Herrschaft von Ceausescu. Das lässt auch die weit von Bukarest entfernt wohnenden Menschen absolut nicht unbeeinflusst. Die Protagonistin Anna lebt im Hause ihrer Eltern und ist mit Hans verlobt. Ein anderer junger Mann, Mischa, gehört zum engen Freund_innenkreis der beiden. Hans, Anna und Mischa fangen an, über mögliche Fluchtpläne zu spekulieren. Die nahe liegende Grenze ist im Sommer von einem hoch stehenden Weizenfeld verborgen. Diese Nähe gibt den Fluchtplänen immer wieder neue Nahrung. Ceausescu ruft zu einem Volksfest nach Bukarest und aus den Gesprächen dort ergibt sich, dass fast alle an Flucht zumindest denken. Ein kälteklirrender Winter lässt die Bevölkerung hungern, frieren und verzweifeln. Das Misstrauen sogar unter guten Freund_innen wächst, keiner traut mehr dem anderen, weder im Dorf noch in der Familie. Auch Mischa wird von Hans der Spionage verdächtigt. Bald darauf wird Ceausescu entmachtet und in der bekannt gewordenen Szene öffentlich hingerichtet. In dem Dorf der drei Freund_innen hat sich trotzdem nicht viel geändert. Sie leiden unter Armut und Hunger, Mischa hat sich in den Westen abgesetzt und Anna hat sich trotzdem entschlossen, ihr zukünftiges Leben mit Hans zu verbringen. Der Text besticht durch die atmosphärisch dichten Schilderungen des Dorflebens und der inneren und äußeren Konflikte der Protagonist_innen.
Monika Zopf
Nadine Schneider: Drei Kilometer. 151 Seiten, Jung und Jung, Salzburg 2019 EUR 20,00