Globaler Aufstand

Drei wichtige Vertreter*innen eines materialistischen, antikolonialen Feminismus haben nun gemeinsam ein Manifest entwickelt, um in elf Thesen festzuhalten, dass der Kampf gegen den Kapitalismus weltweit von Frauen als Speerspitze zu führen sei. Die eingenommene Position ist unverträglich mit dem liberalen Feminismus. Die drei Autorinnen rechnen mit diesem ab, in dem sie behaupten, dass der Kampf gegen die gläserne Decke ein Scheinkampf sei. Es bedarf nicht mehr einer höheren Anzahl an Frauen in Führungspositionen, sondern eines antikapitalistischen Systemwandels, der global sich gegen Ausbeutung in der Lohnarbeit und in der reproduktiven Arbeit wendet, ansonsten ist der Planet Erde nicht zu retten. Die Reproduktionstätigkeit ist nicht der Lohnarbeit unterzuordnen, ihre ungerechte Bewertung ist für das bestehende Wirtschaftssystem wesentlich.
Inspiriert durch die Frauenstreikbewegung dient die Streitschrift dazu, die weltweiten Kämpfe zu bündeln und sich das Potenzial bewusst zu machen, dem 99 % der Menschen angehören. Demnach sind ökosozialistische und antikoloniale Kräfte solidarisch einzubinden. Gesichert ist, aus Sicht der Autorinnen, dass die Welt zugrunde geht, sollte sie weiterhin dem kapitalistischen Profitstreben einiger weniger unterworfen sein. Die Autorinnen verwehren sich gegen neoliberale und populistische Vereinnahmungen. Gut lesbar und verständlich, als Streitschrift in einer durch Krisen gerüttelten Welt brauchbar, auch wenn das Manifest wenige radikale Ideen bietet, wie das ökonomische System zu überwinden sei, um eine gerechte Welt zu entwickeln.
Marianne Huber
Cinzia Arruzza, Tithi Bhattacharya und Nancy Fraser: Feminismus für die 99 % – Ein Manifest. Aus dem Engl. von Max Henninger. 107 Seiten, Matthes & Seitz, Berlin 2019 EUR 16,05