Hoffnungslosigkeit und Meer
Das Meer, Wut und Perspektivlosigkeit scheinen die Menschen in einer koreanischen Küstenstadt, die unentwegt Seoul nachzueifern versucht, zu verbinden. Das Leben der Schülerinnen Rang und B ist geprägt von Mobbing, sexuellem Missbrauch, Gewalt, Armut, der Krankheit Familienangehöriger und der Teilnahmslosigkeit der Erwachsenen. Die jungen Frauen freunden sich an, die Freundschaft zerbricht allerdings, bis sich beide am Gipfel ihrer Verzweiflung am Stadtrand bei dem Außenseiter Buch wiederfinden. Zu dritt schaffen sie sich eine Art Exil, ohne dem permanenten Leistungsdruck und dem Streben nach Status ausgeliefert zu sein. Diese geschaffene Realität ist aber leider nicht von Dauer. Kim Sagwa schreibt poetisch, kraftvoll und nüchtern zugleich über die Gefühlswelt junger Erwachsener. Emotionen wie Wut und Verzweiflung schildert sie mitreißend und empathisch, ohne jedoch Mitleid erregen zu wollen oder Wertungen vorzunehmen. Der Roman setzt sich schnörkellos und rau mit dem Erwachsenwerden auseinander, das sich allerdings auch nicht als Lösung präsentiert. Ebenso bleibt Kim Sagwas teilweise unkonventioneller Schreibstil positiv im Gedächtnis.
Andrea Knabl
Kim Sagwa: Ich, B und Buch. Roman. Aus dem Korean. von Ida Marie Weber. 192 Seiten, Konkursbuch Verlag Claudia Gehrke, Tübingen 2021, EUR 15,95