Intimes Portrait einer Künstlerin

Paula Modersohn-Becker war eine der wichtigsten Vertreterinnen des frühen Expressionismus, sie lebte und arbeitete in der Künstler*innen-Kolonie Worpswede und pflegte unter anderem eine enge Freundschaft zum Dichter Rainer Maria Rilke. Die französische Autorin Marie Darrieussecq begibt sich in ihrem Buch auf eine Spurensuche entlang der Hinterlassenschaften der Malerin und verwebt ihre eigenen Eindrücke der Briefe, Tagebücher und Gemälde von Modersohn-Becker zu einer ungewöhnlichen Biografie. Paula Modersohn-Becker wollte malen – um jeden Preis – und sowohl in ihrer Kunst eigenständig als auch in ihrem Privatleben unabhängig sein. Der passagenhafte Text porträtiert die Künstlerin auf sehr persönliche Weise und vermittelt einen Eindruck ihres Schaffens, ihrer Gedanken, ihrer Hoffnungen und Träume, und nicht zuletzt ihrer Schwierigkeiten, als Frau in der (männlichen) Kunstwelt zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu bestehen. Die bruchstückhafte Schreibweise lässt den Text stellenweise etwas unfertig erscheinen, es darf keine klassische Biografie erwartet werden. Vielmehr ist der schmale Band, der bereits 2016 in Paris publiziert wurde und nun in deutscher Übersetzung vorliegt, eine aufs Papier gebrachte Auseinandersetzung der Autorin mit der Lebenswelt einer anderen Frau und Künstlerin – als wären sich die beiden zwischen den Zeiten begegnet und in einen Dialog getreten.

ReS

Marie Darrieussecq: Hiersein ist herrlich. Das Leben der Paula Modersohn-Becker. Aus dem Franz. von Frank Heibert u. Patricia Klobusiczky. 127 Seiten, Secession, Zürich 2019, EUR 18,50