„Ja, aber…“ ist sowas von gestern

Couch, Serienmarathon und Fressorgien. Das und ihre fundierte Leidenschaft für Musik ist Fee’s Geheimrezept, um über den Tod ihres Mannes Teddy hinwegzukommen. Oder besser, um sich von ihrer nun eher tristen Realität abzulenken. Die Lage spitzt sich allerdings zu, als sie feststellt, dass sie finanziell bedingt zu einer Veränderung gezwungen sein wird. Und da steht Claudine vor der Tür. Ein 60-jähriges Energiebündel, das sie zu ungeahnt gewagten Entscheidungen bewegt. Kurze Zeit später findet sich Fee in einer WG mit drei anderen Frauen ihres Alters wieder, unterhält sich über die freie Liebe, beginnt wieder zu arbeiten und fährt Fahrrad. Dass Fee zu dick ist und seit Ewigkeiten kein Bedürfnis mehr nach einem Friseur hat, entschuldigt sie aber nach wie vor hartnäckig mit ihrem Alter. Das und andere scheinbar überflüssige Oberflächlichkeiten sind immer wieder Thema am Frühstückstisch. Ihre Mitbewohnerinnen führen ihr in liebevollen, aber sehr direkten Gesprächen vor Augen, dass 50 plus keineswegs Endstation meinen muss. Ganz im Gegenteil! Fee wird sich selbst überraschen und hätte wohl selbst nie geglaubt, wozu sie ihre musikalische Expertise gepaart mit Disziplin und Selbstbewusstsein führen können. Der Klammerblues um zwölf ist eine leichte und unterhaltsame Lektüre, hie und da tiefgründig, witzig und definitiv eine Bereicherung in Sachen Musik(klassiker).

MD

Carla Berling: Klammerblues um zwölf. 272 Seiten, Heyne Verlag, München 2020 EUR 10,30