Klavier im Keller
Eine jüdische Familie, in Wien lebend, erfährt die ersten Repressionen des Nazi-Regimes (Reichsprogromnacht) und beschließt, Lisa, die hochbegabte, mittlere Tochter, mit einem Kindertransport nach England zu schicken, später sollte die jüngere Schwester nachkommen. Die Leser*in ist sofort mitten im Geschehen. Beeindruckend wird die Reise der Kinder geschildert. Für Lisa beginnt der Aufenthalt mit der Absage ihres Verwandten, der für sie gebürgt hatte. Im weiteren Verlauf erlebt sie aber viel Zuwendung und Unterstützung von Familien und auch im Kinder- und Jugendheim in der Willesden Lane Nr. 243, wo sie letztlich Aufnahme findet.
Trotz vieler Ängste um ihre in Europa verblie-benen Familien, machen die Jugendlichen eine ihrem Alter entsprechende Entwicklung durch. Unter dem Schatten der Kriegsereignisse entstehen Bindungen und Freundschaften. Im Zentrum der Erzählung steht die hochbegabte Lisa, die durch die Solidarität der Gruppe und die Förderung der Heimleiterin über die Widrigkeit der Umstände siegt und als gefeierte Pianistin ihr Lebensziel erreicht. Höhepunkt ist die Schilderung der Aufregung vor dem Vorspiel zur Aufnahme an die Royal Academy of Music. Die Leser*in sitzt selbst schlotternd auf der Bühne. Eine Leseempfehlung, besonders für Jugendliche in schwierigen Situationen. Ein Lichtblick, an ein gutes Ende zu glauben.
Erika Parovsky, Lesetheater
Mona Golabek und Lee Cohen: Die Pianistin von Wien. Aus dem Engl. von Dieter Kuhaupt. 252 Seiten, Amalthea Verlag, Wien 2017 EUR 25,00