Kontroversen um Geschlechtlichkeit
Der hier besprochene Band versammelt acht kontroverse Beiträge zur Klärung des Verhältnisses zwischen Psychoanalytischer Pädagogik und Geschlechterforschung. Wie in der Einleitung erklärt, möchte sich der Band einerseits „mutig Weiterentwicklungen“ öffnen, zugleich aber auch an „Bewährtem festhalten, selbst wenn dieses unpopulär scheint“. Dieser Ankündigung folgt die Konzeption des Bandes – neben dem Beitrag von Ilka Quindeau, der queere Ansätze produktiv aufgreift und mit psychoanalytischen Fragestellungen verbindet, gibt es im Band gleich zwei Beiträge (von Bittner und Aigner), die sich differenziert und zugleich sehr kritisch mit diskurstheoretischen Ansätzen ausgehend von Judith Butler auseinandersetzen und ein Verwerfen des „realen“ geschlechtlichen Körpers in aktuellen Gender-Theorien beklagen. Ein weiterer Beitrag von Marc Thielen wirft unter Einbeziehung postkolonialer Ansätze ein wichtiges kritisches Licht auf aktuelle sexualpädagogische Diskurse in Bezug auf männliche geflüchtete Jugendliche, denen der gesellschaftliche Diskurs eine „Bedrohlichkeit“ zuschreibt. Sehr schön argumentiert Barbara Rendtorff dafür, die sexuelle Differenz nicht in der Anatomie aufzulösen, sondern ihre Rätselhaftigkeit anzuerkennen. Insgesamt bleiben viele Beiträge jedoch eher „bewährten“ Denk- und Argumentationsmustern und binären Geschlechtervorstellungen verhaftet; die explizit psychoanalytisch-pädagogischen Aspekte hätten von einigen Beiträgen noch stärker akzentuiert werden können.
Esther Hutfless
Der Genderdiskurs in der Psychoanalytischen Pädagogik. Eine notwendige Kontroverse. Hg. von Bernd Ahrbeck, Margret Dörr und Johannes Gstach. 182 Seiten, Psychosozial-Verlag, Gießen 2019
EUR 25,60