Kosmopolitik als politische Ethik
Diese grandiose philosophiehistorische Studie einer jungen Philosophin zur transnationalen Wissenszirkulation im Werk und in der Rezeption Hannah Arendts (USA/Deutschland) lässt sich im vorgegebenen Rahmen nicht angemessenen würdigen. Weshalb hier nur die Intention des Werkes und nicht die unfassbare Detailfülle berücksichtigt wird. Es geht nicht um die Ideengeschichte und nicht um eine Aktualisierung ihrer politischen Theorie der „Kosmopolitik“. Es geht um die sozialen und geschichtlichen Entstehungs-, Entwicklungs- und transnationalen Zirkulationsbedingungen von Arendts Theorien. Das Zusammenspiel ihrer Konzeptionen des Politischen mit der öffentlichen Figur Hannah Arendt (1920-1975, Todesjahr, Teil I), ihren Interaktionsverhältnissen mit verschiedenen epistemischen Zusammenhängen, wie bspw. die in der BRD lange vorherrschende Positionierung als vertriebene intellektuelle Jüdin versus die Position in den USA als politisches kritisches Subjekt wird analysiert. Auch die Rezeptionsgeschichte (1975-2010, Teil II) zeigt auf, welche Inhalte und welche Projektionen auf die Person wie (und von welchen vielfältigen Kontexten) gemacht wurden, was wann und warum anerkannt oder kritisiert, verallgemeinert oder isoliert wurde und wie und was zwischen unterschiedlichen historischen, sozialen und nationalen Räumen übersetzt und transformiert worden ist.
Arendt lässt sich paradigmatisch und vorbildhaft als Grenzgängerin in Theorie und Praxis transnationaler Zugehörigkeiten lesen. Nicht zuletzt ist ihre Erkenntnis „das Recht, Rechte zu haben“ zu einer globalen politischen Ethik geworden.
Birge Krondorfer
Stefania Maffeis: Transnationale Philosophie. Hannah Arendt und die Zirkulation des Politischen. 542 Seiten, Campus, Frankfurt/ M./New York 2019 EUR 41,10