Lang lebe der Vorsitzende Mao
Drei Generationen von Musiker*innen werden durch die jüngere Geschichte der Volksrepublik China begleitet: Aufstieg von Mao, Kulturrevolution und die Proteste am Tian’anmen-Platz. Gerahmt, reflektiert und von außen betrachtet werden die Schicksale der verschiedenen Familienmitglieder von Marie alias Li Ling. Marie ist die Tochter eines nach dem Tod von Mao nach Kanada emigrierten Pianisten. In Vancouver wächst sie behütet auf. Die glückliche Kindheit nimmt ein jähes Ende, als ihr Vater in Hongkong Suizid begeht. In der Zeit der Trauer und Verzweiflung tritt Ai Ming in das Leben von Marie und ihrer Mutter. Die turbulente Geschichte ihrer Familie wird erzählt.
Zentral dabei ist die Partei mit ihrem alleinigen Anspruch auf Wahr-heit und Macht. Alle in der Familie werden vom unerbittlichen Partei-apparat gezeichnet. Ein Familienmitglied fällt in Ungnade, was jahr-zehntelange Auswirkungen auf alle folgenden Generationen hat. Hass und Grausamkeiten der Roten Garden, die schrecklichen Bedingungen von Umerziehungslagern in der Taklamakan-Wüste, die Brutalität der Volksarmee, die 1989 auf die Beijinger Bevölkerung schießt, von all dem wird berichtet. Dazwischen immer wieder Kapitel aus dem Buch der Aufzeichnungen, das sich wie ein roter Faden durch den Roman zieht und natürlich die Musik: Bachs Goldberg Variationen. Madeleine Thien ist ein großartiger Roman gelungen, sehr klug und absolut fesselnd.
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Madeleine Thien: Sag nicht, wir hätten gar nichts. Aus dem kanadi. Engl. von Anette Grube. 656 Seiten, Luchterhand, München 2017 EUR 24,70