Lebensspuren im Herzschlag
Wer hätte das gedacht: es gibt tatsächlich ein Archiv, in dem Aufzeichnungen von Herzschlägen verschiedenster Menschen aufbewahrt werden und sogar angehört werden können. Der Illustrator Shūichi wird, wie einige andere Personen in Laura Imai Messinas neuem Roman, der Versuchung nicht widerstehen können, auf die kleine Insel Teshima im Südwesten Japans zu reisen, um Shinzō-on no Ākaibu, das Archiv der Herzschläge zu besuchen. Denn mit seinem eigenen, angeborenen Herzfehler ist er ständig mit diesem Thema konfrontiert. Und seine Mutter wollte daher immer jedes Leid von ihm abwenden – beziehungsweise ihn vergessen lassen. Auf der Suche nach Erinnerungen und der eigenen Geschichte beginnt Shūichi, das Haus der Mutter nach deren Tod auszuräumen. Die Autorin lebt selbst seit Langem in Japan, daher gelingt ihr ein stimmiges Setting für eine feinfühlige Erzählung, in die sie auch Eigenheiten der Mythologie des Landes einfließen lässt. Sie vermittelt in ihren Figuren zugleich Zerbrechlichkeit und Stärke und schafft eine intensive, leise Atmosphäre rund um Liebe, Verlust und Erinnerung.
Susa
Laura Imai Messina: Das Archiv der Herzschläge. Aus dem Ital. von Viktoria von Schirach. 320 Seiten, btb, München 2024 EUR 23,50