Menschliche Zivilisation in drei Jahrhunderten!
In ihrem dritten Roman entführt uns die Bestsellerautorin Hanya Yanagihara zunächst 1893 nach New York zu einer reichen Bankiersfamilie. Der Großvater der Familie ist darum bemüht, für seinen Enkel einen angemessenen Ehemann zu finden. Er scheitert, da die Leidenschaft seines Enkels diesen stattdessen in die Arme eines verwegenen Luftikus treibt. 100 Jahre später geht es um die Liebesbeziehung des jungen mittellosen Kanzleigehilfen David und seinem wesentlich älteren Geliebten Charles, einem renommierten Staranwalt. Charles organisiert eine letzte Party für seinen sterbenden Freund Peter. Hawai ist wie bei der ersten Geschichte der Sehnsuchtsort, der kolonisiert wurde. Der dritte und letzte Teil ist um weitere 100 Jahre versetzt und inhaltlich am spannendsten. Es geht um einen Überwachungsstaat, in dem die Menschen auf engstem Raum leben. Natur als solche ist abgeschafft. Kranke Menschen werden in Isolationslager abgesondert. Wasser und Essen sind Luxus. Es ist so heiß, dass Menschen Kühlanzüge und -helme tragen. Aufgrund der Gefahr vor ständig neuen Pandemien werden immer fürchterlichere staatliche Gesetze beschlossen und die Todesstrafe wird öffentlich vollzogen. In dieser unwirtlichen Umgebung lebt Charlie, die darunter leidet, dass sie aufgrund einer Krankheit, die mit schweren Medikamenten behandelt wurde, keine Gefühle entwickeln kann. Sie wird von ihrem Großvater betreut, der alles dafür gibt, dass sie auch ohne ihn ein unbeschwertes Leben führen kann. Wer Pageturner liebt, ist gut versorgt. Wer Dystopien scheut, Finger weg!
Antonia Laudon
Hanya Yanagihara: Zum Paradies. Aus dem amerik. Engl. von Stephan Kleiner. 894 Seiten, Claasen (Ullstein), Berlin 2022 EUR 30,90