Mitläufer*innen und Parteimitglieder*
Emma Prochaszka ist geschieden, Kärntnerin, hat vier Kinder und arbeitet im Jahr 1940 schon seit einiger Zeit als Köchin in einem großen Hotel in Davos, das sich seit 1933 zu einer Nazi-Hochburg entwickelt hat. Emmas Kinder leben verteilt in Österreich bei Verwandten und bei den Großeltern in Brünn, Angehörigen der deutschen Minderheit in Tschechien. Nur Helga, die älteste Tochter, lebt in einem Kloster. Emmas Exmann, Pavel, stammt ursprünglich aus Brünn, ist ein Luftikus und Frauenliebhaber. Seine vielen Seitensprünge waren der Grund für die Scheidung. Multiperspektivisch wird im ersten Teil des Buches von den Sorgen und vom Leben der Familienmitglieder erzählt. Franz, der Zweitälteste, muss eine NAPOLA in Kärnten besuchen. Die Zwillinge, Lotte und Fritz, sind bei der HJ und dem BDM. Um sich Vorteile zu verschaffen, treten Emma und Pavel der NSDAP bei. Auch Fritz übernimmt die nationalsozialistische Ideologie und zieht noch 1945 in den Krieg nach Stuttgart. Im zweiten Teil erzählt Helga vom Leben der Familienmitglieder seit 1945. Sie ist aus dem Kloster ausgetreten, nach Italien gezogen und lebt dort mit einem verheirateten Mann eine lange und intensive Beziehung. Ursula Wiegele hat einen berührenden Roman vorgelegt, der einen guten Einblick in die Umstände gibt, die dazu geführt haben, dass sich viele Menschen der damaligen Zeit nicht von den Nazis distanziert haben. Auch innerhalb einer Familie konnte es zu unterschiedlichen Positionen kommen. Ein feiner Roman, gut geschrieben: Empfehlung.
Beate Foltin
Ursula Wiegele: Malvenflug. 170 Seiten, Otto Müller Verlag, Salzburg, 2023 EUR 23,00