Pässe lügen nicht!

1975: Vier Jugendliche in Kolchosen in Kasachstan: Eine junge Frau ist bereits in englischer Literatur an der Universität eingeschrieben, eine andere möchte Jus studieren, ein junger Mann will Traktorist werden und die Melkerin, die Tochter des Kolchosenvorsitzenden, heiraten, und der vierte im Bunde interessiert sich für Film und Theater. Alle vier, Kinder von nach Kasachstan umgesiedelten Wolgadeutschen, werden jedoch ausgewählt, eine Schauspielausbildung in Moskau zu besuchen. Schließlich soll in der Bergbaustadt Temirtau (Eisenberg) ein deutschsprachiges Theater eingerichtet werden – um die deutschsprachige Minderheit kulturell zu fördern. Die Autorin Eleonora Hummel übersiedelte selbst 1982 als Zwölfjährige von Zelinograd, dem heutigen Astana, nach Dresden, in die DDR. Packend erzählt sie eine Aussiedler*innengeschichte, beschreibt die letzten Jahre der Sowjetunion aus dem Blickpunkt der unterschiedlichen Mitglieder der Truppe eines Provinztheaters, erzählt humorvoll von Zensur und Mut in der Zeit der Perestroika. Und wie der Traum von der Wolgarepublik gegen ein Migrant*innendasein in der BRD ausgetauscht wird und sich die gesamte Theatertruppe zum 25. Jubiläum trifft.

Sena Dogan

Eleonora Hummel: Die Wandelbaren. 462 Seiten, Müry Salzmann, Salzburg/Wien 2019, EUR 24,00