Queere Kollisionen mit Künstlicher Intelligenz
Die rassistischen und sexistischen Auswüchse von KI-Anwendungen haben in den letzten Jahren vorgeführt, wie sich strukturelle Diskriminierung durch datengetriebene Systeme potenziert. Trainingsdaten reproduzieren Normen, die marginalisierte Positionen ausschließen. Das Ergebnis ist ein „spezifisch heteronomes, okzidentalistisches oder aus ökonomischer Rentabilität gewonnenes, generalisiertes Wissen“ (S. 23). Dem entgegnet der Sammelband mit dem „anti-identitären Impetus der Queer-Studies“ als Machtkritik (S. 25). Das Buch bietet eine interessante Mischung aus künstlerischen Interventionen, Beiträgen zu den Objektivitätsversprechen der KI wie etwa bei rassistischen Gesundheitsrisikoprognosen oder der maschinellen Erkennung von sexueller Orientierung, und verbindet sie mit Aufrufen zu ‚Hacking back’ und ‚Queerness Computing’. Den weißen Überlegenheitsideologien des Silicon Valley kontern die Autor*innen mit Denkexperimenten, die die Körperlichkeit, Multiplizität und Nicht-Binarität des Lebens ins Zentrum stellen. Spannend ist auch, wie politische Texte wie das Xenofeminist Manifesto oder das Glitch Feminism Manifesto queer-feministische Theorie und Aktivismus zusammenbringen. Ein wirklich originelles und lesenswertes Buch, das die Korrelationsmaschinerie samt ihrer kolonialen Möglichkeitsbedingungen neu beleuchtet!
Doris Allhutter
Queere KI: Zum Coming-out smarter Maschinen. Hg. von Michael Klipphahn-Karge, Ann-Kathrin Koster und Sara Morais dos Santos Bruss. 264 Seiten, transcript, Bielefeld 2022 EUR 35,00