Schreiben als Befreiung
Im Rom der 1950er Jahre führt Valeria das bescheidene und unscheinbare Leben einer Frau der Mittelschicht. Alles dreht sich um das Wohl der Familie. Eines Sonntags will sie für ihren Mann eigentlich nur Zigaretten besorgen, kauft dann aber noch etwas für sich selbst, ein schwarzes Notizbuch. Sie beginnt Tagebuch zu führen. Das heimliche Schreiben wird für sie immer mehr zu einem Akt der Befreiung. Valeria reflektiert in ihren Aufzeichnungen die verschiedenen Rollen, die sie zu erfüllen hat: Mutter, Gattin und Büroangestellte. Schreibend entdeckt sie ihre eigenen Wünsche und Sehnsüchte. Sie fängt an, sich den Begehrlichkeiten von Mann und Kindern zu entziehen und trifft sich heimlich mit ihrem Chef. Doch der soziale Normierungsdruck im katholischen Italien der Nachkriegszeit ist enorm. Das erstmals 1952 erschienene Buch gilt als Schlüsselroman menschlicher Beziehungen und weiblicher Identität. Alba de Céspedes (1911–1997) war eine kubanisch-italienische Schriftstellerin, Journalistin und Widerstandskämpferin.
Ute Fuith
Alba de Céspedes: Das verbotene Notizbuch. Aus dem Ital. von Verena von Koskull. 301 Seiten, Insel Verlag, Berlin 2021 EUR 24,70