Sexuelle Gewalt als Kriegsstrategie
Sofi Oksanen hat sich bereits in ihrem literarischen Werk mit sexueller Gewalt auseinandergesetzt, nicht zuletzt in Fegefeuer zur Geschichte Estlands. Immer hat die Autorin mit finnischen und estnischen Wurzeln sich in politischen Debatten zu Wort gemeldet. Fragen der Geschlechtergerechtigkeit sind dabei ein wichtiger Aspekt. Zum Krieg Russlands gegen die Ukraine und in den Diskussionen über die begangenen Kriegsverbrechen tritt die Autorin vielfach als Analystin auf. In zahlreichen Medien wurde sie bereits befragt, nun hat sie ihre Recherchen und Analysen in einem Essayband zusammengefasst. Sie stellt darin dar, wie Russland sexuelle Gewalt nicht nur als ein Instrument der Kriegsführung einsetzt, sondern als strategisches Mittel, das die ukrainische Gesellschaft langfristig schädigen und zum Völkermord beitragen soll. Neben den aktuellen Geschehnissen, die aufgrund moderner Kommunikationsmittel überall auf der Welt unmittelbar nachvollziehbar sind, zieht Oksanen Parallelen zur Kriegsführung Russlands in anderen Regionen, etwa Tschetschenien, oder im historischen Kontext. Oksanen präsentiert ihre Schlüsse eindeutig. Der Band liest sich flüssig und ermöglicht einen Einstieg ins Thema aus einem nicht-mitteleuropäischen Blickwinkel. Eine Triggerwarnung ist klar auszusprechen.
Eva Steinheimer
Sofi Oksanen: Putins Krieg gegen die Frauen. Aus dem Finn. von Angela Plöger und Maximilian Murmann. 363 Seiten, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2024 EUR 24,70